10.07.2020

Noch immer kein Schutz für die Beschäftigen

​Rettung für die Lufthansa – Noch immer kein Schutz für die Beschäftigten

Liebe Mitglieder, liebe Kolleginnen und Kollegen,

die letzten Tage haben uns alle in Atem gehalten. Höchste Zeit, für ein Update über den letzten Stand unserer Verhandlungen. Wie bekannt, haben wir uns und die gesamte ver.di in den vergangenen Wochen gemeinsam mit dem Arbeitgeber auf politischer Ebene dafür eingesetzt, dass unsere Lufthansa durch das staatliche Rettungspaket vor einer Insolvenz bewahrt bleibt. Glücklicherweise mit Erfolg, wie wir inzwischen wissen, denn schon früh hatte unsere Analyse der wirtschaftlichen Situation der Lufthansa ergeben, dass das Rettungspaket unabdingbar ist. Jetzt, nach der Unternehmensrettung, braucht es einen Schutzschirm fuhr die Beschäftigten. Viele hunderte Mitglieder haben uns kontaktiert, zahlreiche Kolleginnen und Kollegen haben uns geschrieben und uns angesprochen. Das Feedback war sehr unterschiedlich. Einige Kolleginnen und Kollegen erwarten einfach nur ein Ende der Ungewissheit, andere Mitglieder plagen riesige existenzielle Sorgen, weil sie fürchten, große Teile ihres Einkommens abgeben zu müssen oder ihren Job zu verlieren. Eine Fülle an Befürchtungen also. Demnach sind auch die Erwartungen an unsere Verhandlungen sehr divers. Diese gehen von einer hohen Bereitschaft zum Verzicht bei Arbeitsplatzsicherheit, bis absoluter Ablehnung jeglicher Zugeständnisse.

Das Ergebnis der Verhandlungen wird daher am Ende allen Mitgliedern zur Abstimmung gestellt und muss für euch das Richtige sein. Und jetzt sind Maß und Ziel unsere Leitplanken, an denen wir diese Verhandlungen führen. Denn wir sind sicher: Die von Lufthansa geforderten, maßlosen Beiträge der Beschäftigten ohne klaren Gegenbeitrag und ohne langfristige sozialverträgliche Lösung sind nicht alternativlos.
Zur Erinnerung: Der Wunschzettel des Arbeitgebers umfasste einen bunten Strauß an Reduzierungen:
Die Kürzung der Urlaubsansprüche und die Absenkung der Aufstockungsprozente auf 85% während der Kurzarbeit sind da noch die kleineren Punkte, darüber hinaus die Verringerung der Berechnungsgrundlage für alle Schichtgänger. Gefordert ist der Verzicht auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld inkl. Zuschlägen bis Ende 2023, der umfassende Verzicht auf Vergütungserhöhungen und Stufensteigerungen ebenfalls für drei Jahre, sowie die Streichung der Arbeitgeberbeiträge für die Altersversorgung. Und vor allem wünscht sich der Arbeitgeber auch ein Arbeitszeitmodell, welches ihm sehr flexibel ermöglicht, seine Mitarbeiter bis zu 20% weniger arbeiten zu lassen und entsprechend geringer zu bezahlen. Damit überträgt er das Risiko der zukünftigen Produktionsentwicklung auf uns Beschäftigte.
Was ist die Position der Konzerntarifkommission?
Einen Beitrag zur Sanierung? Ja, aber ausgewogen und nur mit einer eindeutigen wasserdichten Arbeitsplatzsicherung für alle Beschäftigten. Ihr könnt Euch sicher sein, dass es einen Abschluss ohne Erreichen einer echten Arbeitsplatzsicherung nicht geben kann und geben wird. Zentraler Punkt für die Verhandlungen am Boden ist dabei auch, die Lufthansa als Ganzes zu erhalten. Einem weiteren Auseinanderfallen des Konzerns muss daher Einhalt geboten werden.
Der Prototyp der Beschäftigungssicherung aus der Kabine, der - entgegen unserer eigenen Analysen - vom Arbeitgeber als sicher angepriesen wurde, reicht uns angesichts großer Forderungen des Unternehmens nicht aus. Wir verlangen einen wirksamen Kündigungsschutz, den der Arbeitgeber nicht einseitig und kurzfristig aushebeln kann. Das Unternehmen vertritt allerdings auch vehement in den Verhandlungen die Position, dass im Falle eines effektiven Beschäftigungsschutzes die Zugeständnisse der Kolleginnen und Kollegen erheblich sein müssten. Auch hier ist sich die Konzerntarifkommission klar darüber, dass jegliche möglichen Einschnitte für die einzelnen Kolleg*innen sozial ausgewogen, fair und befristet sein müssen. Und das die tatsächliche Wirkung der Maßnahmen auf die Sanierung der Lufthansa genau geprüft werden muss. Der Arbeitgeber sieht das zurzeit anders. Er möchte, dass wir unser aller Einkommen und die Errungenschaften verschenken. Zwischenzeitlich setzt er Teile unserer Kolleg*innen mit akuten Kündigungsandrohungen unter Druck. Wir gehen davon aus, dass der Arbeitgeber uns alle in der nächsten Zeit weiter unter Druck setzen wird. Denn auch unsere Vorschläge zu sozialverträglicher Kapazitätsreduzierung und freiwilligen Abbauprogrammen erwarten vom Arbeitgeber Verantwortungsbewusstsein für die Mitarbeiter. Es kann nicht sein, dass die Beschäftigten erst ihren eigenen Arbeitsplatz fast umfänglich subventionieren sollen, nur damit danach der Arbeitsplatzabbau stattfindet.

Auch das Thema Aufstockung des Kurzarbeitergeldes ist Teil der Verhandlungen. Jetzt fragt ihr euch, wieso das denn? Wieso diskutiert ihr überhaupt über die 90%? Wichtig ist dabei zu bedenken, dass die Aufstockung des KuG in einem Tarifvertrag (TV Ratioschutz) geregelt ist, der bereits im Jahr 2016 durch den Arbeitgeber gekündigt wurde. Unter den Schutz des Tarifvertrages fallen deswegen weder alle Kolleginnen und Kollegen, die nach dem Stichtag in 2016 eingestellt wurden noch diejenigen aus Gesellschaften wie der LTLS, die nicht umfasst wurden. Bislang konnte trotzdem eine allgemeine Abdeckung durch Betriebsvereinbarungen erreicht werden. Diese wurden nun z. B. bei der Lufthansa Technik bereits gekündigt, in vielen Bereichen sind sie nur befristet gültig. Sollten wir keine andere Vereinbarung zur Aufstockung erzielen, hätte das weitreichende Folgen und tausende Kolleg*innen, würden auf die staatliche Unterstützung von derzeit noch 60 bzw. 67 % zurückfallen.

Unsere Position ist klar:
Wir müssen für ALLE Kolleginnen eine Lösung zu finden, die eine hohe Einkommenssicherung während der Kurzarbeit ermöglicht.
Wie geht es weiter? Ihr entscheidet! Die Gespräche werden in der kommenden Woche fortgeführt. Wir werden natürlich über den weiteren Verlauf berichten. Am Ende des Prozesses entscheidet ihr, nämlich die Mitglieder, ob ihr in einer Mitgliederbefragung dem dann vorliegenden Paket die Zustimmung geben wollt.
Wir halten euch auf dem Laufenden.
Eure Konzerntarifkommission


Verhandlungen um Corona kein Schutz für Beschäftige der LH Autor: Mira Neumaier, Dennis Dacke

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