23.05.2017

Erhöhte Vorstandsgehälter - wie konnte das geschehen?

Einen Tag nach der diesjährigen Lufthansa-Hauptversammlung am 5. Mai 2017 wurde bekannt, dass der Aufsichtsrat auf Empfehlung seines Präsidiums ein neues Modell zur erfolgsabhängigen Vorstandsvergütung beschlossen habe. Nach „Spiegel“-Informationen sei dies gegen die Arbeitnehmerstimmen erfolgt. Demnach soll der Vorstand bei entsprechend guter Gewinnentwicklung über drei Jahre noch stärker vom wirtschaftlichen Erfolg der Gesellschaft profitieren und dadurch ein bis zu 20% höheres variables Salär erhalten können.

Nach Presseberichten erhielten die fünf Konzernvorstände im Jahr 2016 zusammen ca. 10,4 Mio. € Gesamtvergütung, rund 8% mehr als im Vorjahr. Auch der Vorstandsvorsitzende werde im Vergleich mit 3,9 Mio. € weit unterhalb des DAX-Durchschnitts von 6,3 Mio. € bezahlt. Wie neidisch muss da der Air-France-KLM-Chef sein, der seine angeblichen 600.000 € Festgehalt mit variablen Boni maximal verdoppeln könne. Zur Erinnerung: Das Bodenpersonal erhielt 2016 eine Tabellenerhöhung von 2,2% und soll nach Abschluss des neuen „TV-Ergebnisbeteiligung“ eine Konzern-Ergebnisbeteiligung von ca. 1,25 % des durchschnittlichen Jahresgehalts für 2016 bekommen. Die Geschäftsfeld-Ergebnisbeteiligung, bezogen auf das individuelle Jahresgehalt, würde demnach zwischen 2,00 % (LHT) und 0,82 % (LSG) liegen.

Das Unternehmen klage laut „Spiegel“ über eine relativ hohe Fluktuation im Vorstand und das unzureichende Vergütungsniveau erschwere die Nachbesetzung frei gewordener Vorstandspositionen. Angeführt werden Christoph Franz und Simone Menne, die, auch wegen dort deutlich höherer Gehälter, in die Pharma-Industrie abgewandert seien. Tabletten sind bei unserem Gesundheitssystem aber auch leichter zu Gewinn zu machen, als es bei Tickets im „Luftkampf“ gegen Billig- und Wüstenairlines und „Geiz-ist-geil-Passagiere“ umzusetzen ist.

Von Neid kann bei uns keine Rede sein!

Wir von der Vereinigung Luftfahrt haben uns nur selten über die Höhe von Vorstandsgehältern öffentlich erregt. Denn wir interessieren uns nur für gerechte Löhne von lohnabhängigen Tarifmitarbeitern, bedingt auch für die Gehälter von AT-Mitarbeitern!

Wir können uns aber nicht abwenden, wenn die Maßstäbe für „die da oben“ und „denen da unten“ so eklatant auseinander klaffen, wie sie sich zurzeit entwickeln:

Zur Rettung von wettbewerbsfähigen WT-Arbeitsplätzen wurde die Tabellenerhöhung 2017 für alle LHT-Mitarbeiter von 2,2% auf 1,8% reduziert. Für WT-Mitarbeiter sogar auf nur noch 0,33%, die dann auch noch zur Eigenfinanzierung der neuen Betrieblichen Altersversorgung (BAV) verwendet werden muss. Zusätzlich wurde die Schichtzulage (3,6%) abgeschafft und die Zeitzuschläge reduziert. Trotzdem soll auch noch ein Mitarbeiterabbau von rund 2000 auf 1300 erfolgen. Von der Schließung WM4 sind weitere 400 Mitarbeiter betroffen. Die Auslagerung und Schließung deutscher Stationen betrifft auch viele Arbeitsplätze. Die können aber nicht, noch nicht einmal für weniger Geld, in die Pharma-Branche wechseln.

Wir könnten noch weitere Bespiele aus dem Konzern aufzählen, wollen aber zum Abschluss noch einen Aspekt beleuchten. Die neue Betriebliche Altersversorgung! Diese Neureglung für das Boden- und Kabinenpersonal, zuletzt auch für die Cockpit-Kolleginnen und Kollegen, ermöglicht dem Finanzvorstand die Auflösung von Rückstellungen in Höhe mehrerer hundert Millionen Euro und schönen damit, neben dem positiven Treibstoffeffekt mindestens die „so erfolgreiche“ Bilanz 2016 und den erwarteten Erfolg 2017.

Neben den ohnehin in den letzten Jahren deutlich gestiegenen Vorstandsgehältern können Tarifvertragsänderungen, Auslagerungen und Arbeitsplatzabbau nicht der Maßstab für vergangene und zukünftige „erfolgreiche“ Arbeit sein, die zur weiteren Verbesserung der variablen Vergütung von Vorständen führen soll!

Da diese Neuregelung in der Hauptversammlung 2018 abgestimmt werden muss, setze ich auf das richtige Augenmaß unserer Aktionäre, damit sie nicht nur nicht ab 2020 sondern gar nicht wirksam wird.


Gehälter Vorstand Autor: Werner Langendörfer

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